Wer sind die Ballmagneten der Bundesliga? Eine Statistik bringt überraschende Erkenntnisse: Als Spielgestalter haben defensive Sechser keine Vormachtstellung mehr.
Im September 2014 stellte Xabi Alonso vom FC Bayern München gegen den 1. FC Köln einen ewigen Bundesliga-Rekord in Sachen Ballkontakte auf. Im Durchschnitt berührte der Spanier alle 26 Sekunden den Ball, in 90 Minuten 206 Mal. Dabei spielte Alonso 175 erfolgreiche Pässe und somit mehr als die gesamte Kölner Mannschaft (159). Mal tauchte er zwischen den beiden Innenverteidigern auf, mal im defensiven Mittelfeld oder auf einer Außenposition. Für den Gegner war Alonso nicht zu greifen, im Freilaufen aber auch im Passspiel.
Mehr als vier Jahre später hat sich der Profifußball gewandelt – und auch die Bundesliga. Balldominante Sechser gibt es zwar immer noch, aber im Spielaufbau werden die Verteidiger immer bedeutender. Nach der Hinrunde sind unter den Top-20-Spielern mit den meisten Ballkontakten neun Außenverteidiger, sieben Innenverteidiger, drei Sechser und ein Stürmer (Max Kruse).
Mehr Süles, mehr Kimmichs
Es ist kein Zufall, dass Außen- und Innenverteidiger viel mehr ins Aufbauspiel eingebunden sind als beispielsweise noch vor 10-15 Jahren. Innenverteidiger waren hauptsächlich als Abräumer gefragt, als Instanz in Kopfballduellen, als sogenannte Ausputzer. Mittlerweile gehört zum Jobprofil eines modernen Innenverteidigers auch das Passspiel. Hannovers Waldemar Anton (1212 Ballkontakte), Bremens Niklas Moisander (1225) und Niklas Süle (1422) gehören zur fortschrittlichen Spezies.
Aber auch Außenverteidiger üben immer mehr Einfluss auf das Offensivspiel aus. Nach dem Vorbild Real Madrids Marcelo rennen diese viel öfter die Linie entlang als früher, als Flankengeber etwa sind sie wichtiger geworden: Mönchengladbachs Oscar Wendt (1217), Münchens David Alaba (1285) und als unumstrittener Spitzenreiter Joshua Kimmich (1731) gehören zu den Aktivposten der Bundesliga und stehen für weit mehr als reine Defensivarbeit.
Mit Leipzigs Diego Demme (1273), Münchens Thiago (1308) und Dortmunds Axel Witsel (1422) finden sich allerdings auch drei Sechser in der Liste. Welche Gemeinsamkeit das Trio teilt: Sie spielen für Spitzenvereine, die ohnehin oft den Ball in den eigenen Reihen zirkulieren lassen. Wäre Thiago nicht vier Wochen verletzungsbedingt ausgefallen, hätte er womöglich auch Kimmich Konkurrenz gemacht. Trotzdem: Defensive Mittelfeldspieler haben nicht mehr die unangefochtene Rolle in der Spielgestaltung, auch wenn es noch immer unerlässlich ist, technisch beschlagen zu sein und unter Druck den freien Mitspieler zu finden.