Der Spieler Ole Gunnar Solskjaer ist eine Manchester-United-Legende. Ob er als Trainer ebenfalls in die Vereinschronik eingeht, werden die kommenden Monate zeigen. Eigentlich ist der Norweger nur befristet bis Mai 2019 angestellt. Aber sein Start war zumindest vielversprechend.
Profifußball als Vergnügen wahrzunehmen, dieses Gefühl war den Spielern von Manchester United in den letzten Monaten entglitten. Ex-Trainer Jose Mourinho besaß einen strengen Führungsstil, gab sich unnahbar und ließ seinen Spielern auch auf dem Feld wenig Raum für Improvisation. Obwohl die Mannschaft über genügend Qualität verfügte, ließ der Portugiese sie abwartend und vorsichtig agieren. Mit Paul Pogba führte Mourinho eine Dauerfehde, die die gesamte Kabine spaltete. Das Verhältnis zur Mannschaft war zerrüttet, und letzten Endes nicht mehr zu kitten, weshalb die Verantwortlichen der Red Devils noch vor Weihnachten die Reißleine zogen und Ole Gunnar Solskjaer als Interimstrainer einstellten.
Spieler sollen Fußball wieder genießen
„Erst einmal ist es mein Job, dafür zu sorgen, dass diese Spieler den Fußball wieder genießen“, sagte Ole Gunnar Solskjaer, Manchester Uniteds neuer Trainer, bei seiner ersten Pressekonferenz mit einem strahlenden Lächeln. Gegenüber den Medien gibt sich der Norweger liebenswert, mit Charme will er den Klub aus der Krise führen und eine gutmütige Beziehung zu den Spielern aufbauen – auch zu denen, die unter Mourinho außen vor waren: „Ich muss den Spielern helfen und dafür sorgen, dass sie das als Chance begreifen. Sie wollen natürlich alle ein Teil von Manchester United sein. Da kommt es auf Menschenführung an. Ich habe als Spieler und Trainer vom besten Coach (Sir Alex Ferguson, Anmerkung) gelernt, wie er mit Menschen umgegangen ist“, beschrieb Solskjaer seinen Umgang mit Ersatzspielern.
Obwohl der 45-Jährige erst eine Woche im Amt ist, hat sich der Trainerwechsel bereits tabellarisch niedergeschlagen. Nach zwei überzeugenden Siegen hat United den Rückstand auf den Fünftplatzierten Arsenal auf sechs Zähler reduziert: Bei Cardiff City, dem Ex-Klub von Solskjaer, gewann Manchester mit 5:1, das erste Mal seit Mai 2013 erzielte United wieder fünf Tore in einem Premier-League-Spiel. Marcus Rashford und Juan Mata trafen traumhaft aus der Distanz, Anthony Martial nach einer herrlichen Passstafette, zum Schluss legte Jesse Lingard gleich doppelt nach. Am zweiten Weihnachtsfeiertag schlug man Huddersfield Town mit 3:1. Ausgerechnet der zuletzt gescholtene Nemanja Matic und Mourinhos Widersacher Pogba (2) erzielten die Treffer.
Cradiff City – Manchester United Highlights
Es wirkt, als ob die Spieler erleichtert sind, dass Solskjaer einen verständnisvolleren Umgang mit ihnen pflegt. Aber nicht nur mental, sondern auch taktisch zeigt der Trainerwechsel Effekt. Die Mannschaft spielt deutlich offensiver, blüht vor Spielfreude und hat mit Mourinhos Ausrichtung kaum Ähnlichkeiten mehr. Jedoch muss man einräumen: Cardiff und Huddersfield sind Abstiegskandidaten und nicht die Kragenweite des Welt-Klubs Manchester United.
Solskjaer scheiterte als Cardiff-Coach
Solskjaer, der selbst für Manchester auflief und in 366 Spielen 126-mal für United traf, erscheint für die Fans derzeit wie der Heiland höchstpersönlich. Dass er es aber nicht immer schafft, Wasser zu Wein zu verwandeln, bewies seine Zeit als Trainer von Cardiff City. Zur Hälfte der Saison 2013/2014 übernahm er den abstiegsbedrohten Klub aus Wales. Damals wurde sein offensiver Spielstil kritisiert, seine Art als „zu nett“ beschrieben. Cardiff stieg in die Championship ab, nach etwas mehr als neun Monaten wurde Solskjaer entlassen.
Bei Manchester United ist eine Wiederholung dieses Szenarios unwahrscheinlich. Das hängt weniger mit dem guten Start zusammen, als vielmehr mit den Voraussetzungen. Solskjaer ist nämlich nur ausgeliehen. Bis Ende Mai 2018 läuft sein Vertrag im Nordwesten Englands, danach soll Solksjaer zu seinem Stammverein Molde FK zurückkehren. Dank diesem Leih-Modell hat Manchester die Chance, im kommenden Sommer einen Star-Trainer im Old Trafford vorzustellen.
Top-Kandidat Pochettino
Mauricio Pochettino soll ganz oben auf der Liste stehen. Allerdings hat der Argentinier seinen Kontrakt bei Tottenham Hotspur erst im Mai bis 2023 verlängert, und dürfte schwierig zu haben sein. Zinedine Zidane könnte nach einjähriger Pause ebenfalls ein Kandidat sein. Oder Antonio Conte, derzeit vereinslos, Verfechter eines pragmatischen Ansatzes, der Erinnerungen an Mourinho weckt. Ob Manchester mit Conte das nächste Experiment wagt, erscheint allerdings fraglich.
Wenn der Aufschwung unter Solskjaer anhält, Manchester United im Optimalfall am Saisonende auf den vierten Platz springt, wird die Trainerfrage aber wieder neu zu bewerten sein. Unter Umständen könnte der Klub versuchen, das Leihgeschäft mit Solskjaer auszudehnen und ihn bei Molde aus dem Vertrag zu kaufen. Doch bis dahin, muss Solskjaer beweisen, dass er das Zeug hat für die Premier League. Tut er das nicht, kehrt er definitiv in die beschauliche 27.000-Einwohner-Stadt Molde zurück. Fjorde, Fischfang, Fauna. Neben dem Fußball sind das doch auch tolle Aussichten.