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Fußball: Abschied von Ribery und Robben – Ziemlich beste Freunde

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Franck Ribery wechselte 2007 zum ​FC Bayern München, Arjen Robben kam 2009. Ein Jahrzehnt waren der Franzose und der kahlköpfige Niederländer die prägenden Gesichter des Rekordmeisters: Beide erlebten ihre Blütezeit in München, beide verlassen den Klub jetzt im Spätherbst ihrer Laufbahnen. Zum Schluss waren sie verletzt oder nur noch Teilzeitkräfte, ohne Ribery und Robben wäre der Champions-League-Titel 2013 aber wohl ein Traum geblieben.

Arjen Robbens letzter Gala-Auftritt datiert vom 27. November 2018: Beim 5:1 gegen Benfica wirbelte der Routinier noch einmal auf dem Flügel, zog in seiner unnachahmlichen Art immer wieder ins Zentrum, mit mehreren kleineren, dynamischen Schritten und dem Abschluss mit seinem starken linken Fuß ins lange Eck. Abdrehen, jubeln, das gleich doppelt, sein Arbeitsnachweis: zwei Tore. Auch Franck Ribery stand damals in der Startelf und traf zum Endstand. Der eminent wichtige Sieg sicherte dem auf der Kippe stehenden Trainer Niko Kovac damals den Job. Und womöglich war es die letzte große Vorstellung der beiden Dribbelkünstler im Trikot des FC Bayern.

Der 35-jährige Robben fiel infolge dessen wegen einer Oberschenkelverletzung fast ein halbes Jahr aus und gab erst am 4. Mai gegen Hannover 96 sein Comeback. Der 36-jährige Ribery war zwar meist fit, hatte insbesondere in der Rückrunde aber meist das Nachsehen gegenüber Kingsley Coman, dem rund 13 Jahre jüngeren Linksaußen. Die Zukunft liegt Coman und Rechtsaußen Serge Gnabry (23) zu Füßen, beide waren aber bereits in dieser Saison die Eckpfeiler der Bayern. In der Sommerpause wird vermutlich noch ein weiterer Flügelspieler nach München wechseln. ​Callum-Hudson Odoi (FC Chelsea) oder ​Federico Chiesa (AC Florenz) werden als Top-Kandidaten gehandelt.

Zwei Pflichtspiele muss der FC Bayern noch bestreiten, in beiden geht es um Titel: Am Samstag empfängt der Rekordmeister ​Eintracht Frankfurt, mindestens ein Remis muss her, um den Meistertitel klarzumachen. Eine Woche später wartet RB Leipzig im DFB-Pokalfinale in Berlin. In diesen richtungsweisenden Tagen steht eine Abschiedstournee für Robben und Ribery nicht an erster Stelle. Die beiden Offensivspieler müssen sich ihre Einsatzminuten verdienen, auch wenn diese Einschätzung hart klingen mag im Hinblick auf die Verdienste der beiden.

Emotionaler Abschied vorprogrammiert

Nichtsdestotrotz dürfte es morgen nach der Partie emotional werden: Die Bayern-Fans werden „Robbery“, wie das Duo von den Medien getauft wurde, ein letztes Mal in der Allianz Arena zu Gesicht bekommen. Sicher werden beide eine Ehrenrunde drehen, Beifall von den Anhängern und Geschenke von den Klub-Bossen kriegen. Tränen sind nicht ausgeschlossen. Die Meisterschale würde ihren Abschied versüßen und ihnen beiden Lächeln auf die Gesichter zaubern.

Der 29. August 2009 gilt als Geburtsstunde der beiden: Beim 3:0-Sieg über den VfL Wolfsburg gab Robben sein Debüt im Bayern-Trikot. Der für 25 Millionen Euro von Real Madrid verpflichtete Flügelflitzer erzielte zwei Tore, Ribery bereitete sie vor. Zwei Jahre zuvor hatten die Bayern Ribery für knapp 30 Millionen von Olympique Marseille akquiriert. Stadionbesucher werden von diesen Momenten schwärmen, eine neue Ära schien sich anzukündigen, nur die Dimension war noch nicht abschätzbar.

In den folgenden Jahren sollten Ribery und Robben den Erfolg des Vereins maßgeblich mitbestimmen. Beide holten mehrere Meisterschaften und Pokalsiege an die Isar. 2010 zogen sie sogar ins Champions-League-Finale ein, in dem München von Inter Mailand besiegt wurde. Ribery und Robben verkörperten Weltklasse, viele andere Spieler damals aber nur gehobene Bundesliga-Klasse. Edson Braafheid, Christian Lell und Breno kickten für die Bayern; für einen großen internationalen Titel fehlte „Robbery“ lange die hochkarätige Unterstützung.

Bedächtiger Robben, impulsiver Ribery

2012 litt auch die Beziehung der beiden Stars: Im Champions-League-Halbfinale des FC Bayern gegen Real Madrid stritten sich Robben und Ribery um die Ausführung eines Freistoßes. Weil Robben ihn nicht schießen ließ, verpasste der Franzose seinem Freund in der Halbzeit eine Backpfeife. Wenn er sich schlecht behandelt fühlt, kriegen auch Gegenspieler hin und wieder Riberys‘ Frust ab. Ein Musterschüler ist der 1,70 Meter große Franzose nicht. „Franck ist manchmal nicht so einfach zu führen“, sagte Bayerns Ex-Sportdirektor Matthias Sammer. „Aber wenn du ihn in den Arm genommen hast, ist er für dich gestorben. Da muss man seinen Hintergrund kennen.“

Ribery stammt aus Boulogne-sur-Mer, einer nordfranzösischen Hafenstadt, dort herrschen Arbeitslosigkeit, Armut und Kriminalität. Bei einem Autounfall seines Vaters flog Ribery durch die Frontscheibe, überlebt aber, da ist gerade einmal zwei Jahre alt. Ribery trägt eine Narbe davon, wegen der er in der Kindheit gehänselt wird. „Diese Narben und die Sprüche von anderen darüber haben mich stark gemacht und meinen Charakter geformt“, verriet er später. Als Amateur-Spieler musste Franck Ribery nebenbei noch am Bau arbeiten, um über die Runden zu kommen. Sein Temperament hat also eine Vorgeschichte.

Robben ist eine deutlich rationalere Persönlichkeit, wie Ribery findet er filigrane Lösungen auf dem Fußballfeld, und wie Ribery muss er um Anerkennung kämpfen. 2012 ging das Champions-League-Finale „dahoam“ nach dramatischem Verlauf verloren. Robben verschoß in der Verlängerung einen Elfmeter. Zuvor hatte er in der Bundesliga bereits einen wichtigen Strafstoß gegen Borussia Dortmund vergeben. Bayern verspielte binnen weniger Wochen drei Titel. Robben war der Buhmann und wurde ausgepfiffen von sogenannten Bayern-Fans.

Das Meisterstück

Ein Jahr später lagen die Bayern-Fans ihm wieder zu Füßen: Im deutschen Champions-League-Endspiel in Wembley besiegten die Bayern Dortmund durch ein Tor von Arjen Robben in der 89. Minute mit 2:1: Ribery gab per Hacke die Vorlage, Robben nahm den Ball an der Strafraumkante mit, sein Schuss aus kurzer Distanz kullerte an Dortmunds Torhüter Weidenfeller vorbei ins Netz. Für beide ist es der größte Erfolg ihrer Karriere, jetzt lagen sie sich wieder in den Armen. Durch den Pokalsieg eine Woche später gewann das Team von Jupp Heynckes das erste und bisher letzte „Triple“ der Vereinsgeschichte.

„Was wir miteinander erlebt haben, ist ganz was Besonderes. Vom ersten Tag an hatten wir diesen Klick. Das hat von Anfang an unheimlich viel Spaß gemacht“, erzählt Robben über die besondere Beziehung zwischen ihm und Franck Ribery. Auch Ribery weiß das Verhältnis mit dem ein Jahr jüngeren Robben zu schätzen: „Ich sehe den Weg, den wir gemeinsam gegangen sind. Es war nicht immer einfach, am Ende sehr erfolgreich. Wir sind echte Freunde geworden, die alles mit dem FC Bayern gewonnen haben, was es zu gewinnen gibt. Wir haben zusammen eine wunderbare Geschichte erleben dürfen. Dafür bin ich unheimlich dankbar“, sagt Ribery im Gespräch mit der Sport Bild.

Ribery hat auf seiner Abschieds-Pressekonferenz gesagt, dass er fest eingeplant habe, nach seiner Karriere wieder nach München zurückzukehren. Dass ihm der Klub sowohl im Privatleben als auch während seiner Karriere immer zur Seite stand und ihn „nie fallengelassen“ habe, werde er „nie vergessen“.

Es wird ein komisches Gefühl sein, wenn Ribery nicht mehr die Nummer sieben und Robben nicht mehr die zehn trägt. Was bleibt von der brillantesten Flügelzange in der Historie des FC Bayern? 730 Spiele, mehr als 265 Tore und über 280 Vorlagen, aber fortbestehen werden nicht nur Statistiken, sondern vor allem Geschichten vom Wiederaufstehen nach Niederlagen und Erinnerungen an eine wunderbare Kameradschaft.

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