Die New Orleans Saints gewinnen bei der Rückkehr von Quarterback Drew Brees in San Diego nach verrückter Aufholjagd mit 35:34 und holen damit ihren langersehnten ersten Saisonsieg.
Vor etwa 36 Jahren zog sich ein Radioreporter aus New Orleans eine braune Papiertüte über den Kopf. Das in New Orleans beheimatete Footballteam, die Saints („die Heiligen“), verloren ihre ersten 14 Saisonspiele. Dieses Auftreten passte ganz und gar nicht zu dem glanzvollen Namen der Franchise. Das dachte sich auch Buddy Diliberto, der aus Frust sein Haupt mit dem dünnen Stück Papier bedeckte. Noch heute folgen Fans erfolgloser Teams dieser symbolischen Aktion. Aus dieser Zeit stammt auch der Name „Aints“ („Sie können es einfach nicht“). Die Spieler wurden nicht als Heilige verehrt, ihr Ansehen bei den Fans lag irgendwo zwischen dem eines Dorfpfarrers und einer Nonne.
Der Saisonstart in diesem Jahr erinnerte wieder ein wenig an die Saison 1979/80. New Orleans verlor die ersten drei Spiele, wobei die Leistungen nie desolat waren, zwei Spiele gingen nur knapp verloren. Zum Start gab es eine 34:35 Niederlage gegen die Oakland Raiders, dann ein 13:16 in New York bei den Giants, lediglich beim 32:45 gegen die famosen Atlanta Falcons waren die Saints chancenlos.
Die erste Rückkehr für Brees
In der vierten Woche der diesjährigen NFL-Saison musste New Orleans bei den San Diego Chargers antreten. Die Begegnung versprach bereits vor Kickoff, unabhängig vom missglückten Saisonbeginn beider Mannschaften, zusätzliche Brisanz. Saints-Starquarterback Drew Brees spielte von 2001 bis 2005 bei den Chargers, bevor ihm das Team aus Kalifornien mitteilte zukünftig auf einen anderen Anführer zu setzen, auf den bis dahin unerfahrenen Philip Rivers.
Drew Brees spielt seit 2005 ohne Unterbrechung bei den Saints, holte den Super Bowl 2009 und hat in seiner Karriere bislang über 61.000 Passing Yards auf seinem persönlichen Briefkopf stehen. Bloß in seine frühere Heimat ist der 37-jährige bis gestern noch nie als Footballer zurückgekehrt, in die ehemalige Wirkungstätte, in der Philip Rivers immer noch die Offensive der Chargers leitet und lenkt.
Vor Spielbeginn hielt Brees eine Rede an seine Teamkollegen, in der zum Ausdruck kam, dass es sich für den Quarterback um keine gewöhnliche Partie handelt. Hoch motiviert starteten die Saints in das Spiel, nach fünfeinhalb Minuten legte Mark Ingram per Lauf den ersten Touchdown zur 6:0 Führung auf. Nach ein paar Minuten Anlaufphase kamen auch die Chargers besser in die Partie. Rivers überzeugte mit kluger Spielzugauswahl und insgesamt starken 321 geworfenen Yards. Dontrelle Inman, sein Lieblingsziel, fing 6 Pässe für 120 Yards.
Nach dem so starken Beginn schlichen sich auch bei Brees (23/36 Pässe, 206 Yards, 2 Touchdowns, 2 Interceptions) Fehler ein. Beim Stand von 14:14 unterlief ihm eine Interception, seinen Passversuch fing die Chargers Defense ab. Die Offensive der Chargers kam daraufhin wieder aufs Feld und konnte erst durch ein Field Goal mit 17:14 und dann durch einen Touchdown von Melvin Gordon (19 Läufe, 36 Yards, 2 Touchdowns; 6 gefangene Pässe, 43 Yards) mit 24:14 in Führung gehen.
San Diego baut den Vorsprung aus
Nach der zweiten Interception von Brees baute San Diego den Vorsprung auf 34:21 aus. 7 Minuten vor Ende bei 13 Punkten Vorsprung schien alles auf einen Heimsieg der Chargers hinauszulaufen. Doch dann tackelte die Defense der Saints den Runningback Gordon so heftig, dass diesem der Ball aus den Händen glitt und Brees verkürzte mit seiner Offense auf 28:34. Travis Benjamin, dem Wide Receiver der Chargers, gelang das Kunststück nur kurze Zeit nach dem Fumble von Melvin Gordon den nächsten Ball zu verlieren. Ohne dass ihn die Saints-Defense großartig unter Druck gesetzt hatte.
Unkonzentriertheiten brachte New Orleans wieder ins Spiel und die zweite bedeutsame davon nutzte John Kuhn, der Fullback und Publikumsliebling aus New Orleans, mit einem Touchdown zum 34:34. Nach dem PAT (Extrapunkt nach dem Touchdown) stand es 35:34. Doch mit fast zwei Minuten auf der Uhr hatte San Diego noch die Chance, das Spiel zu gewinnen, ein Field Goal würde reichen zum zweiten Saisonsieg.
Webb hält den Sieg fest
Aber die Defensive der New Orleans Saints erstickte den Spielzug der Chargers im Keim. Beim 4. und letzten Versuch und noch 22 zu überbrückenden Yards feuerte Philip Rivers mit dem Mut der Verzweiflung den Ball weit in Richtung der eigenen Receiver, doch der Passverteidiger B.W. Webb passte auf, fing den Ball und besiegelte damit den Sieg der Saints beim emotionalen Comeback von Drew Brees.
Ein dramatischeres und unerwarteteres Spielende mit einem für ihn glücklichen Ausgang hätte sich auch Brees nicht ausmalen können. In der Stadt, die ihn verschmäht hatte, gewinnt er gegen den Mann, den das Management der San Diego Chargers als Zukunftslösung eingeschätzt hatte, nach einem paradoxen Spiel mit einer völlig überraschenden Wendung. Auch die braunen Papiertüten werden in New Orleans nun zunächst einmal wieder nur zum Einkaufen verwendet.