In den 2010er Jahren dominierte Juventus Turin im italienischen Fußball, doch die Vorherrschaft der Bianconeri scheint dem Ende entgegen zu gehen. Werden die 2020er Jahre zur Epoche von Inter Mailand? Sportlich kann Inter es mit jedem Gegner in der Serie A aufnehmen, aber finanziell ist die Zukunft des Vereins ungewiss.
Die Titelgewinner in der italienischen Serie in den letzten 15 Jahren kann man an einer Hand abzählen. Zwischen 2006 und 2010 triumphierte Inter Mailand fünf Mal in Folge, 2011 gewann Stadtrivale AC Mailand den Scudetto. Die folgenden Jahre waren von noch größerer Langeweile an der Spitze geprägt: Juventus Turin heimste zwischen 2012 und 2020 in jeder Saison den Titel ein.
Erst in der vergangenen Spielzeit durchbrach Inter die Überlegenheit der Turiner und setzte sich souverän als Meister durch. Auch in der laufenden Saison grüßen die Nerazzurri von Platz eins in der Tabelle. Könnte der Erfolg von Dauer sein und den nächsten Zyklus im italienischen Fußball einläuten?
Inter beweist einen langen Atem
Sowohl 2020/2021 als auch in der laufenden Spielzeit 2021/22 stand Inter zunächst nicht an der Tabellenspitze. Bis Februar 2021 lief die damals noch von Antonio Conte trainierte Mannschaft dem Stadtrivalen AC Mailand hinterher.
In der derzeitigen Saison zeigt sich ein ähnliches Bild: Bis zum 15. Spieltag führte die SSC Neapel das Klassement an, am 16. Spieltag stand der AC Mailand ganz oben. Doch seit dem 17. Spieltag Mitte Dezember ist Inter wieder an der Spitze.
Inter hat schon in der vergangenen Saison einen langen Atem bewiesen. In diesem Jahr deutet wieder viel daraufhin, dass Inter den Vorsprung auf die Konkurrenz bis zum Saisonende kontinuierlich ausbauen wird.
In der letzten Saison lagen nach dem 38. Spieltag zwölf Punkte zwischen Inter und dem Zweitplatzierten AC Mailand. Aktuell beträgt der Abstand auf den Zweiten Neapel und Dritten Milan jeweils vier Zähler, obwohl Inter ein Spiel weniger als die beiden Verfolger bestritten hat.
Konstanz trotz der Abgänge von Lukaku, Hakimi und Eriksen
Obwohl Antonio Conte aus freien Stücken aus dem Amt schied und im Juni 2021 durch den ehemaligen Coach von Lazio Rom, Simone Inzaghi, abgelöst wurde, legt der Football Club Internazionale Milano eine bemerkenswerte Konstanz an den Tag.
Auch wenn Inter mit Romelu Lukaku (FC Chelsea) und Achraf Hakimi (Paris Saint-Germain) zwei Schlüsselspieler verlor, hat das Team neun der letzten zehn Serie-A-Spiele gewonnen. Außerdem spielt Christian Eriksen nicht mehr für Inter.
Der dänische Nationalspieler, der bei der Europameisterschaft 2021 im Spiel gegen Finnland einen Herzstillstand erlitten hatte und reanimiert werden musste, kann seine Fußballerlaufbahn fortsetzen und hat am Montag einen Vertrag beim FC Brentford unterschrieben.
Der 29-jährige Eriksen spielt inzwischen mit einem implantierten Defibrillator. Doch in der Serie A sind Profis mit einem Defibrillator nicht spielberechtigt. Eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses war unvermeidlich.
Calhanoglu und Dzeko brauchen keine Anlaufzeit
Auf der Zugangsseite konnten die Nerazzurri allerdings auch auf sich aufmerksam machen. Joaquín Correa, der in den letzten Wochen häufiger verletzt war, verstärkte den Angriff in der Breite.
Hakan Calhanoglu, dessen Wechsel vom AC Mailand mit einigen Nebengeräuschen einherging, schlug sofort ein. Auch der Transfer des 35-jährigen Edin Dzeko kann guten Gewissens als Glücksgriff beschrieben werden.
Trotz seines hohen Alters hat der Bosnier bislang zwölf Pflichtspieltore und sieben Vorlagen verzeichnen können. Calhanoglu kommt auf sechs Treffer und acht Vorlagen. Das Beste für Inter: sowohl Dzeko als auch Calhanoglu kamen ablösefrei.
Obwohl mit Lukaku vereinfacht gesagt 30 Saisontore den Klub verließen, stellt Inter mit Dzeko und Lautaro Martínez wieder ein qualitativ hochwertiges Stürmer-Duo.
Der elf Jahre jüngere Martínez hat mit seinen Schnelligkeitsvorteilen gegenüber Dzeko bereits den ein oder anderen Konter erfolgreich mit einem Tor vollendet. Dem Argentinier gelangen ebenso wie Dzeko zwölf Pflichtspieltore.
Der 1,93 Meter große Dzeko ist dagegen noch immer eine Macht im Strafraum, vor allem im Kopfballspiel. Dzeko harmoniert auch mit Calhanoglu exzellent, obwohl beide erst seit Juli zusammenspielen.
Fußballerisch kann Calhanoglu vom strammen Distanzschuss bis zur präzisen Flanke ohnehin nahezu alles. Mit Calhanoglu hat Inter einen Spieler dazubekommen, der aus zentraler Position Dynamik ins Offensivspiel bringt. Im vergangenen Jahr hatte Inter keinen solchen Spielertypen.
Damals war die Mannschaft noch auf Hakimi angewiesen, der viele Angriffe auf der rechten Seite ankurbelte. Dessen Verlust schmerzt, kann aber im Kollektiv aufgefangen werden.
Dumfries und Gosens passen perfekt zum Spielstil Inters
Zum Beispiel durch Neuzugang Denzel Dumfries, einen Hybrid aus Rechtsverteidiger und rechtem Mittelfeldspieler, der immer für eine gelungene Offensivaktion gut ist. Obwohl der Niederländer kein unumstrittener Stammspieler ist, hat er schon drei Tore und fünf Vorlagen verbuchen können.
Darüber hinaus hat Inter im Winter mit dem deutschen Nationalspieler Robin Gosens einen vielversprechenden Neuzugang vorgestellt. Der 27-Jährige passt schematisch perfekt zum Spielstil Inters.
Die 3-5-2-Grundordnung des amtierenden Meisters kennt der laufstarke und offensivfreudige Linksfuß bereits von seinem früheren Verein Atalanta Bergamo. Derzeit laboriert Gosens jedoch noch an einer Oberschenkelverletzung, die er sich im Oktober zugezogen hat. Mitte Februar oder Anfang März könnte er sein Comeback geben.
Inter erzielt viele Tore und kassiert wenige
Die Mailänder können es sich insbesondere in der nationalen Liga leisten, mit hoch aufrückenden Außenbahnspielern zu agieren, da die drei Verteidiger Stefan de Vrij, Alessandro Bastoni und Milan Skriniar eine schwer zu überwindende Hintermannschaft bilden.
Inter stellt mit 53 Toren nicht nur den besten Angriff der Serie A, sondern mit 17 Gegentoren auch die zweitbeste Abwehr hinter Neapel, die 16 Treffer kassiert haben.
Inter besticht durch ein erfolgreiches Flügelspiel, eine hohe Passquote, ist bei Flanken und Ecken gefährlich und kann sich an schlechten Tagen auf die Extraklasse von Calhanoglu, Dzeko oder Martinez verlassen.
Laut legaseriea.it ist Inter die Mannschaft mit den meisten angekommenen Flanken (171) in der ersten italienischen Liga. Nur 140 Flanken kamen nicht an, ebenfalls ein außergewöhnlich guter Wert.
Des Weiteren hat keine Mannschaft mehr Kopfballtore erzielt als die Nerazzurri. Mit 14 Kopfballtoren führt Inter diese Statistik vor Lazio Rom (10) an.
Inter hat erst ein Saisonspiel in der Serie A verloren
Außerdem ist Inter seinen Kontrahenten in Sachen Widerstandsfähigkeit und Nehmerqualitäten voraus. Zuletzt zeigte man gegen den Abstiegskandidaten FC Venedig eine dürftige Leistung. Das Kopfballtor von Edin Dzeko in der 90. Spielminute zum 2:1 sicherte dennoch einen schwer erkämpften Dreier.
In der Serie A hat Inter erst ein Saisonspiel verloren: Mitte Oktober 1:3 bei Lazio Rom. Natürlich ist Inter national nicht unverwundbar. Gegen Topklubs wie den AC Mailand (1:1), Atalanta Bergamo (2:2, 0:0) und Juventus Turin (1:1) schenkte der 1908 gegründete Klub Punkte her.
Aber diese Ergebnisse zeigen auch, dass es für italienische Klubs schwer ist, Inter an den Rand einer Niederlage zu bringen. Die Mannschaft lässt gegen Teams aus den unteren Tabellenregionen kaum Punkte liegen.
Sie stehen sich nicht selbst im Weg, was auch ein Blick auf die Fairnesstabelle verrät. In bisher 22 Serie-A-Spielen wurde kein Inter-Spieler vom Platz gestellt.
Brozovic, Barella und Calhanoglu wissen um ihre Aufgaben
Die offensive Spielweise geht nicht auf Kosten der eigenen Defensive. Das liegt auch an den beiden Mittelfeldspielern Nicolò Barella und Marcelo Brozovic, die eine geeignete Balance aus Vorstößen und Defensivarbeit gefunden haben.
Der technisch beschlagene Hakan Calhanoglu muss auch Abwehrarbeit verrichten, hat aber offensiv mehr Freiheiten als Barella und vor allem als Defensivanker Brozovic, der pro Spiel 11,6 Kilometer abspult und damit ligaweit auf Platz zwei steht. Außerdem hat der Kroate mit 92 Prozent eine der besten Passquoten in der Serie A.
Gosens wird sich wohl mit Persisic um einen Stammplatz duellieren
Auf der linken Außenposition im 3-5-2 hat Ex-Bundesligaspieler Ivan Perisic einen Stammplatz. Künftig wird Perisic sich wahrscheinlich mit Gosens um den Platz in der ersten Elf streiten. Auf der rechten Seite bekommen Matteo Darmian oder Dumfries den Vorzug vor Danilo D’Ambrosio. Von den Genannten agieren Perisic, Gosens und Dumfries fast schon wie Außenstürmer.
Andere italienische Spitzenklubs haben zwar auch Qualität in der Spitze – aber Inter ist mehr dazu in der Lage, zu rotieren beziehungsweise die Verletzungen von Stammspielern aufzufangen. In solchen Fällen ist auch bei Inter ein Qualitätsunterschied bemerkbar, dieser fällt allerdings nicht so extrem aus wie bei Milan oder Neapel beispielsweise.
Inzaghi hat viele gute Spieler in der Hinterhand
Mit Linksverteidiger Federico Dimarco, den drei Mittelfeldspielern Roberto Gagliardini, Matías Vecino und Arturo Vidal, Angreifer Alexis Sánchez sowie den bereits angesprochenen Profis Correa und Dumfries tummeln sich einige Spieler im Kader, die Inzaghi bedenkenlos ins Spiel bringen kann.
Den Laden zusammen hält ein 37-Jähriger: Torhüter Samir Handanovic, der seit 2012 bei Inter spielt und dies weiterhin auf hohem Niveau tut. Insgesamt lässt der Kader kaum etwas zu wünschen übrig. Einzig die Altersstruktur könnte sich in den kommenden Jahren als Problem entpuppen.
Dzeko (35 Jahre), Vidal (34), Sanchez (33), D’Ambrosio (33), Darmian (32), Perisic (32) und Handanovic werden nicht mehr ewig spielen. Doch Inter hat in den letzten Jahren bewiesen, innovative Lösungen auf dem Transfermarkt zu finden.
Ginter könnte ablösefrei kommen
Offenbar soll Inter Favorit auf eine Verpflichtung des deutschen Nationalspielers Matthias Ginter sein. Der 28-Jährige ist im besten Fußballeralter und ist genau wie Dzeko und Calhanoglu ablösefrei zu haben.
Bis auf wenige Ausnahmen hat es Inter in den letzten Jahren geschafft, viele Spieler langfristig zu binden. Was die Grundordnung angeht, hat sich beim Übergang von Trainer Antonio Conte zu Simone Inzaghi nichts Wesentliches verändert. Allerdings ist die Statik unter Conte einem dynamischeren, flexibleren Positionsspiel gewichen.
Der eher raue Conte brachte Inter Mailand eine Siegermentalität. Inzaghi dagegen ist ein anderer Trainertyp und versucht, seine Spieler nicht so sehr in ein Korsett zu zwängen.
Der 22-jährige Abwehrspieler Alessandro Bastoni sagte kürzlich im Interview mit La Repubblica: „Von den Trainern, die ich bisher hatte, sind Gasperini und Conte immer zur Stelle, Inzaghi und Mancini kümmern sich neben dem starken Engagement auch um die menschliche Seite. Das Ergebnis ist, dass man in den entscheidenden Momenten entspannter ist.“
Inzaghi ist sich auch darüber bewusst, dass er von Contes Vorarbeit profitiert. Ziel sei es, „auf den letzten beiden Jahren“ aufzubauen. „Schließlich haben diese in den Scudetto gemündet. Mein Ziel ist Kontinuität“, sagte der 45-Jährige vor Saisonstart.
Inter ändert sein Wappen und wechselt Sponsor
Im Umbruch befindet sich der Verein dennoch, was die Außendarstellung, Businessfragen und die finanzielle Situation betrifft.
Zur neuen Saison wurde ein neues Vereinswappen vorgestellt, bei dem auf das „FC“ verzichtet wurde. Jetzt ist nur noch „IM“, die Abkürzung für Internazionale Milano, darauf zu sehen.
Zusätzlich wurde die 26 Jahre andauernde Partnerschaft mit Trikotsponsor Pirelli aufgelöst. Der neue Sponsor Socios, ein Blockchain-Unternehmen, wird nicht von allen Fans gebilligt.
Anlässlich des chinesischen Neujahrsfestes trug Inter gegen Vendig sogar Trikots, auf denen die Spielernamen in chinesischen Schriftzeichen gedruckt waren. Inter soll zu einer globalen Marke aufgebaut werden.
Inter soll 2026 in ein neues Stadion einziehen
Außerdem plant Inter gemeinsam mit dem Stadtrivalen AC den Bau eines neuen Stadions. Das geschichtsträchtige Giuseppe-Meazza-Stadion soll nach den Olympischen Winterspielen 2026 wohl teilweise abgerissen werden. Das Areal soll in ein Sport- und Geschäftsviertel umgewandelt werden.
Die neue Spielstätte soll 60.000 Zuschauern Platz bieten und damit kleiner sein als das 1925 eröffnete Stadion, das über eine Kapazität von 80.000 verfügt.
In beiden Fanlagern werden Fußballromantiker Tränen verdrücken, wenn es soweit ist. Eine komplette Sanierung des Stadions schien teurer und aufwendiger zu sein als ein Neubau. Das ist aus einem geschäftlichen Blickwinkel nachvollziehbar – aus emotionaler und nostalgischer Sicht ist die Entwicklung allerdings bedauerlich.
Der Eigentümerkonzern Suning hat Geldprobleme
Und doch ist nicht alles Gold, was glänzt: Bei den chinesischen Eigentümer des Elektrogeräte-Konzerns Suning sitzt das Geld nicht mehr so locker wie noch vor ein paar Jahren.
Die Abgänge von Conte, Hakimi und Lukaku und die ablösefreien Transfers von Dzeko und Calhanoglu erscheinen nun in einem ganz anderen Licht.
Dem Konzern gehörte bis vor Kurzem auch der Klub Jiangsu FC. 2020 gelang dem Verein aus der ostchinesischen Region Nanjing die chinesische Meisterschaft. Trotzdem wurde Jiangsu FC im Februar 2021 aufgelöst. Als Suning keinen Käufer für den Verein fand, stellte der amtierende Meister den Spielbetrieb ein.
„Die Pandemie und die darauffolgende Rezession, angespannte internationale Beziehungen sowie ein zunehmender Fokus auf die nationale Wirtschaft haben dazu geführt, dass chinesische Firmen das Interesse für den Fußball verloren haben. Deshalb konnte Suning keinen Abnehmer für den Klub finden“, erzählte Cameron Wilson, ein Experte des chinesischen Fußballs, in einem Interview mit dem That’s Magazine.
Inter Mailand wurde im Sommer 2016 von Suning übernommen. Es stellt sich jedoch die Frage, wie lange die Besitzer noch mitmachen.
Einmal hieß es, dass Suning bereits mit Hedgefonds aus aller Welt über einen Verkauf verhandelt. Dann wurden derartige Meldungen wieder dementiert.
Hat Suning mit dem saudischen-arabischen Staatsfonds verhandelt?
Wie die International Business Times Ende des vergangenen Jahres berichtete, steht der saudi-arabische Public Investment Fond (PIF) vor der Übernahme von Inter Mailand.
Damit würde Inter auf den Spuren von Newcastle United wandeln. Das Konsortium, das den Premier-League-Klub im Herbst 2021 übernommen hat, besteht zu 80 Prozent aus dem Staatsfonds Saudi-Arabiens (PIF).
Aufgrund der finanziellen Schwierigkeiten des chinesischen Großkonzerns ist seit Mai 2021 der kalifornische Investmentfonds Oaktree bei Inter mit einer Minderheitsbeteiligung eingestiegen.
Obwohl Inter zum ersten Mal seit elf Jahren wieder Meister wurde, liegt das Augenmerk nun auf der finanziellen Konsolidierung. „In dieser Phase ist es richtig und eine Pflicht, die Kosten zu senken, vor allem die Spielergehälter, die nicht zu bezahlen sind“, sagte Inters Geschäftsführer Giuseppe Marotta im Interview mit Rai Radio 1 im Mai 2021.
Wie Inter Ende September mitteilte, schloss man das Geschäftsjahr 2020/21 mit einem Minus von 245,6 Millionen Euro ab. Fehlende Ticketverkäufe wegen der Pandemie und ausbleibende Sponsoreneinnahmen wurden als Gründe angeführt.
Wo bleibt die Identität?
Der Kuchen wird unter den Großreichen aufgeteilt, bloß wo bleibt die Identität des Football Club Internazionale Milano, des 19-maligen italienischen Meisters, der 1964 und 1965 den Europapokal der Landesmeister gewann sowie 2010 die Champions League und dessen erster Vereinspräsident mit Giovanni Paramithiotti ein streng katholischer Venezianer war?
Wo bleibt die Identität des Vereins, dessen ursprüngliches Wappen bei der Gründungssitzung auf einen Bierdeckel gezeichnet wurde?
Die Gründungsmitglieder setzten sich dafür ein, dass anders als beim 1899 gegründeten AC Mailand nicht nur Italiener spielen durften. Inter galt als Verein der Bürger, Intellektuellen und Künstler, während Menschen aus der Arbeiterklasse meist mit dem AC Mailand sympathisierten.
Cottarelli plant mit seiner Crowdfunding-Aktion „nicht weniger als eine Revolution von unten“
Die kursierenden Summen und Umwälzungen hat die Liebe mancher italienischer Fans zu ihrem Klub erkalten lassen. Aber es gibt auch eine schaffensfreudige Gruppe um den Ökonomen Carlo Cottarelli (der früher in verschiedenen Positionen für den Internationalen Währungsfonds arbeitete), die Inter Mailand unabhängiger von Investoren machen möchte.
„Der Mann plant nicht weniger als eine Revolution von unten, eine Übernahme des Clubs kraft des schwarz-blauen Volkes. Durch eine gewaltige Crowdfunding-Aktion soll Inter Mailand den Besitzer wechseln“, schrieb die Zeit.
Eine Umfrage ermittelte, dass 100.000 Anhänger sofort Geld überweisen würden. Wenn die Befragten ihr Wort halten, könnten mehrere Hundert Millionen an Einnahmen generiert werden. Sollte die Initiative namens InterSpac an der Börse zugelassen werden, könnten Fans zu Aktionären ihres Lieblingsvereins werden.
„Was gibt es denn Schöneres, als Besitzer des Klubs zu sein, den man liebt. Selbst wenn man nur einen Ziegelstein davon besitzt“, sagte Cottarelli.
Auch ehemalige Inter-Profis wollen sich der Crowdfunding-Aktion anschließen
Ehemalige Inter-Profis wie Marco Materazzi, Walter Zenga, Giuseppe Bergomi, Roberto Boninsegna und Alessandro Altobelli sollen Cottarelli ihre Unterstützung zugesichert haben.
Sänger Andrea Bocelli, Rockmusiker Luciano Ligabue, Fernsehmoderator Paolo Bonolis und Regisseur Gabriele Salvatores würden sich ebenfalls beteiligen.
„Se non ora quando?“ lautet das Motto von InterSpac, „Wann, wenn nicht jetzt?“ Doch nicht alle klingen so zuversichtlich wie Cottarelli. „Das Projekt hört sich verlockend an, wie eine sentimentale Verführung, seine Umsetzung ist aber höchst unwahrscheinlich“, schrieb die Mailänder Sportzeitung La Gazetta dello Sport.
Inter kann in dieser Saison noch mehrere Titel gewinnen
Zurück zum Sportlichen: National wird Inter in dieser Saison damit leben müssen, in jedes Duell als Favorit zu gehen.
Im Derby gegen den AC Mailand am 5. Februar wird es erneut darauf ankommen, wie Inter mit der Erwartungshaltung zurechtkommt. Sportlich muss man sich um den Verein jedoch kaum Sorgen machen.
Nach dem 2:1-Sieg nach Verlängerung gegen Juventus Turin in der Supercoppa hat Inter noch die Chance auf weitere Titel – nicht nur in der Meisterschaft.
Im Viertelfinale der Coppa Italia empfängt Inter am 8. Februar die AS Rom. Im Achtelfinale der Champions League ist Inter gegen den FC Liverpool (15. Februar, 8. März) allerdings Außenseiter. Es ist das erste Mal seit der Saison 2011/2012, dass Inter das Achtelfinale der Königsklasse erreicht hat.
Im Prinzip hat Inter die Bausteine, um auch in den kommenden Jahren erfolgreich zu sein. Hinter der Eigentümersituation steht allerdings ein großes Fragezeichen. Ob Cottarellis Vorhaben von Erfolg gekrönt sein wird, ist noch einmal eine ganz andere Diskussion.
Sollte Suning den Traditionsklub verkaufen, würde es vor allem auf das finanzielle Geschick der neuen Eigentümer ankommen, ob Inter Mailand die Dominanz der letzten eineinhalb Jahre wird fortsetzen können. Bis auf Weiteres bestimmen allerdings Calhanoglu und Co. die Schlagzeilen in der zweitgrößten Stadt Italiens.